Kaderlife von sechs bis neun – Tim Milkowski

Kaderabschluss – Was nun?

Kaderabschluss – Was nun?Das Jahr hatten wir uns irgendwie anders vorgestellt. Voller Erwartungen sind wir aus allen Ecken Deutschlands ins schöne Düsseldorf gezogen, oder haben uns in Köln ein neues Zuhause gesucht. Dabei waren wir nicht wirklich wählerisch. 6m2 in Düsseldorf Bilk? Sign me up! Das reicht zum essen, schlafen und ausruhen nach den harten Partynächten. Ab dann hieß es: „willkommen in den prunkvollsten Agenturen Kölns und Düsseldorfs!“ Coole Offices, bunte Bällebäder, Teammeetings und Brainstorming Sessions, nervenaufreibende Nerfgun-Fights, Tisch-Kicker und ab und an mal donnerstags den kleinen Freitag feiern. Dazu noch jede Menge kreative Menschen kennenlernen und inspirierende Gespräche auf Dachterrassen führen…oder so. Das alles wartete auf uns!

Ein Jahr später wartete es noch immer auf uns. Ein paar Glückliche durften ihre prunkvollen Agenturen zumindest mal von innen sehen, bevor die Offices zu unseren Schreibtischen wurden, die bunten Bällebäder zu unseren Betten, Meetings und Brainstorming Sessions zu flüchtigen Calls. Niemand hat seine Kicker-Skills verbessern können oder Kriegsverletzungen von Nerfgun–Fights davongetragen. Und der kleine Freitag blieb auch meistens eher ein regulärer Donnerstag. Mit kreativen Menschen haben wir zwar gearbeitet, aber wirklich kennenlernen konnten wir nur die neuen WG-Partnerinnen, mit denen immerhin nach 14 Bier und 7 Mexikanern auch inspirierende Gespräche zustande kamen. Auch die anderen Kadettinnen konnten wir zumindest einmal beschnuppern, bevor wir auch deren Gesichter nur noch über den Bildschirm zu sehen bekamen. Statt Arbeit in der Agentur und lustiger Runde im Kader mit regem Austausch, folgte auf acht Stunden Homeoffice also leider eine müde Runde bei Teams mit stummen Mikrofonen. Von „Kaderlife von sechs bis neun“ zu Bildschirmzeit von neun bis neun“ – manchmal aber auch nur, bis das Internet schlapp macht.

Spaß, beiseite, dass niemand an diesen Umständen Schuld hat, ist uns bewusst. Jeder der in diesem Corona-Jahr etwas Neues angefangen hat oder in eine neue Stadt gezogen ist, hat wahrscheinlich ähnlich Erfahrungen machen müssen. Trotzdem sind wir froh, den Schritt gemacht zu haben. Wir haben viel gelernt, vor allem selbstständig zu arbeiten, uns immer wieder zu motivieren und natürlich kreativ zu sein. Aber auch wie lange man die gleiche Jogginghose tragen kann. Doch das Wichtigste ist, auch wenn das Jahr unter diesen Umständen sehr hart war, den Spaß an der Arbeit hat es uns nicht verdorben. Alle wollen noch immer Texter*in werden und haben ihren Traumberuf gefunden. Ich denke, das spricht für sich.

Tim Milkowski, Kaderschüler des 15. Jahrgangs in Düsseldorf, 2020/2021